>>LOOP für Chengdu<<
Eine Skulptur auf einem Universitätscampus verlangt nahezu nach einer Reflexion von Konzepten der Bildung, Forschung und Kommunikation. Konkret ergaben sich eine Reihe von Anforderungen, die diese Skulptur erfüllen sollte. Der Kontext der Universität legt eine Form nahe, die das Prinzip des Lernens und Entwickelns widerspiegelt. Der verkehrstechnische Schwerpunkt der Southwest Jiaotong University suggerierte außerdem eine Form, die Dynamik in besonderer Weise beschreibt. Da der kulturelle und künstlerische Austausch China-Europa einen wesentlichen Aspekt des Projektes darstellte war die Suche nach einer prinzipiell universell verstehbaren Form die logische Konsequenz. Eine Reflexion des europäischen Hintergrundes in Bezug auf die Formengeschichte und Entwicklung des Kunstbegriffes bis in die Gegenwart unter Auslotung der chinesischen Rezeption war natürlich ein spannendes Moment. Darüber hinaus kam der persönliche Zugang zu tragen: die Wahl einer abstrakten Form, die einen Eingriff in den typischen Material-Charakter zulässt und die formal so angelegt ist möglichst viele Assoziationsfelder zu erschließen - sich einer konkreten figuralen Interpretation nähert, aber dann doch entzieht.
Die Form einer Schleife (Loop) schien diese Anforderungen zu erfüllen, und wurde daher als Ausgangsform gewählt. In der Entwicklung des Konzeptes hat sich die Erweiterung um einen dritten Schleifenteil ergeben, der viele der Anforderungen noch unterstützt: Lernen als Bild eines Prozesses, der eine Vertiefung durch Kraftanstrengung und der zwangsläufigen Richtungsänderung bewirkt. Die Bewegung des »looping« ist eine sehr dynamische, erst nach viel technischer Entwicklung möglich geworden, und global verstehbar. Andererseits finden sich weit über 100 verschiedene Bedeutungen für 'loop', ein also sehr 'offener' Begriff. Die organisch/abstrakte Form bezieht sich vor allem auf mitteleuropäische Entwicklungen, die die Grenze zwischen figuraler und abstrakter Bildhauerei ausloten, was sich auch in meiner Formensprache widerspiegelt. Andererseits hat die Abstraktion in der chinesischen Kalligraphie eine lange Tradition. Dahingehend kann der Loop auch als Transformation der 'runden' Zahlen 6,8,9, die in China eine besondere symbolische Bedeutung haben, gelesen werden. Alle diese Aspekte sollen in der Skulptur Platz haben und darüberhinaus für viele weitere Assoziationsfelder Raum schaffen.
Die Detailplanung, die Materialbeschaffung und die Umsetzung mit unserem Gastgeber Prof. Xu, den Ingenieuren und Arbeitern in Chengdu war eine intensive Erfahrung. Bald kristallisierte sich der grundlegende Unterschied zwischem europäischem und chinesischem Künstlerbild heraus. Selbst Hand anzulegen stieß auf Unverständnis, und das Mitreden bei technischen Fragen erschien unangebracht. Wir verbrachten als Künstlergruppe viel Zeit diese Prozesse zu reflektieren. Diese Interaktionen bewegten schließlich in den vier Wochen sowohl bei uns, als auch bei unseren chinesischen Gastgebern einiges an Wahrnehmung, Sichtweisen und Standpunkten. Die Umsetzung unserer sechs künstlerischen Arbeiten war Basis für einen intensiven kulturellen Austausch.
Die Arbeit entstand auf Initiative und Einladung von Xu Bochu und Christiane Pott-Schlager 2009 in Chengdu/Sichuan China für die Southwest Jiaotong University. Ebenfalls eingeladen und mit jeweils einer eigenen Arbeit vertreten waren Christiane Pott-Schlager, Alto Hien, Andreas Sagmeister, Reinhard Jordan und Roland Meyer. Die Arbeiten sind am Campus der Southwest Jiaotong University aufgestellt.